Fehlprogrammierung von Balise im ETCS L1

Am 15. Mai 2024 erhielt ein Teil des Lokpersonals des Depots Zürich die folgende Information per E-Mail:

Zudem noch eine Info bez. Fehler in der Programmierung Signal R 93.
Aufgrund einer Zwangsbremsung vor dem Einfahrsignal von Killwangen mit einem Fahrzeug mit Level 1, wurde von Seiten Infrastruktur festgestellt, dass bei einer am Signal R 93 angezeigten Geschwindigkeitsreduktion (Zb Fb 5), diese überwachte Geschwindigkeit auf dem Bildschirm im Fahrzeug nicht angezeigt wird. Wird das Fahrzeug aufgrund der Sichtbarkeit des unterdessen offenen Einfahrsignals von Killwangen (Fb 1) beschleunigt, leitet das ETCS 1 eine Zwangsbremsung ein. 
Dieser Fehler in der Programmierung des Signals R 93wurde von Infrastruktur erkannt und wird behoben. Der Zeitpunkt ist jedoch noch offen.
Beachtet somit bei einer Tieferhaltung der Geschwindigkeit ab dem Blocksignal R93 (Block und Einfahrvorsignal von Killwangen) vor der Ausfahrt aus dem Heitersbergtunnel Seite Zürich, dass ihr die tiefere Geschwindigkeit bis zum befahren des Einfahrsignals von Killwangen beibehaltet und nicht vorher beschleunigt wird, auch wenn keine Anzeige eine Geschwindigkeit mehr auf dem Display des Fahrzeuges mehr vorhanden ist. Die Geschwindigkeitsüberwachung des am Signal R93 angezeigten Fahrbegriffs ist im Fahrzeug weiter gespeichert und wird erst mit dem befahren des Einfahrsignals von Killwangen aufgehoben.

Aus dieser Information gehen folgende Schlussfolgerungen hervor:

  • Die Darstellung der Geschwindigkeiten im Führerstand von ETCS-Baseline 3 Fahrzeugen ist ungenügend und bildet teilweise andere als in der Aussenanlage signalisierte Geschwindigkeiten ab.
  • Die durch die Zugbeeinflussung überwachten Geschwindigkeiten sind möglicherweise unplausibel und können nicht in jedem Fall nachvollzogen werden.
  • Einzelne Artikel der Fahrdienstvorschriften (bspw. Geschwindigkeitsschwellen) können oder sollen  nicht mehr eingehalten werden.
  • Durch diverse Arbeitsanweisungen und Informationen an das Lokpersonal soll deren Fahrverhalten so beeinflusst werden, dass die negativen Auswirkungen durch fehlerhafte Geschwindigkeitsüberwachungen im ETCS Level 1 vermindert werden.
  • Der Informationsfluss innerhalb der SBB ist nicht sichergestellt.

Generell ist der zusätzliche Nutzen von ETCS Level 1 aufgrund der hohen Kosten und dem fehlenden sicherheitstechnischen Mehrwert im Vergleich mit klassischen Zugsicherungen anzuzweifeln. Dass zuweilen unterschiedlichste Programmierungsfehler auftreten, zeugt von der hohen Komplexität des Systems und der daraus resultierenden Fehleranfälligkeit.
Es wird offensichtlich, dass Prozesse nicht vorhanden sind oder nicht eingehalten werden sowie festgelegte Meldewege zu wenig Beachtung finden.
Da die Problematik (fehlerhafte Geschwindigkeitsüberwachungen im L1) bekannt ist und mehrfach in den zuständigen Gremien kommuniziert wurde, kann die Notwendigkeit der Erstellung von ESQ-Meldungen diesbezüglich hinterfragt werden.

VSLF Nr. 812, 17. Mai 2024 SB